Narren lassen Doktor Faust
hochleben
Gretchen und Mephisto verstärken die Zunft - Sogar
Grenzhupfer kommen zur Sitzung in Freudenstein
Knittlingen-Feudenstein - Es war ein Kommen und ein Gehen:
Gardetänzerinnen, Funkenmariechen und Fanfarenzüge gaben sich
am Samstag in der Mehrzweckhalle von Freudenstein die Klinke in die
Hand. Auf ihrer abendlichen Tour durch die Faschingshochburgen im Land
machten die Gruppen auch in der Diaspora Stadion. Und dort versteht man
es ebenfalls zu feiern.
VON ULRIKE STAHLFELD
Mit der fünften Jahreszeit beginnt für die Faschingsgruppen
das Reisen. An einem närrischen Wochenende absolvieren sie
traditionsgemäß gleich mehrere Auftritte im Land, zumal
heuer die Kampagne kurz ist. Am Samstag stand auch Freudenstein auf
ihrer Reiseroute. Die Narrenzunft "Weissachtal 2000 e.V." hatte zum
dritten Ordensball beziehungsweise zur "Fausterweckung" geladen.
Denn Narretei hin, Frohsinn her: In Knittlingen ist man sich seiner
Herkunft bewusst. So nennt sich die Narrenzunft nicht nur nach
dem Flüsschen Weissach, das dort fließt. Faust, der wohl
berühmteste Sohn der Stadt, hat ebenfalls Eingang in die Fasnet
gefunden. Dr. Faust (Markus Müller) und Gretchen (Sandra Kraus)
leibhaftig saßen oben auf der Bühne oder verteilten
gemeinsam mit Präsident Helmut Müller die Jahresorden.
Gretchen und Mephisto waren erst vor Monaten zur Narrenzunft
gestoßen. Als Ergänzung, so Präsident Müller, zur
Symbolfigur des Doktor Faust. Von da an sei es nur noch ein kleiner
Schritt zur Bildung einer historischen Gruppe gewesen.
So mischte sich am Samstag einheimisches mittelalterliches Flair unter
die angereisten Gardetänzerinnen und Fanfarenzüge. Gruppen
aus Aldorf, Murr, Ditzingen und Sindelfingen gestalteten ebenso das
Programm wie die Stromberg-Hexen aus Oberderdingen und die
Volitigierjugend vom Reitverein Maulbronn.
"Politische Seitenhiebe sind hier
nicht üblich"
Nicht zu vergessen: Helga Köhler vom Schwäbischen
Albverein Sternenfels, die als "Mariele" von Weiblingen eine
Büttenrede hielt. Auf politische Seitenhiebe wartete der
Zuhörer vergebens. Die seien hier beziehungsweise in der
schwäbisch-alemannischen Fasnet nicht üblich, klärte
Faschingspräsident Müller auf.
Dafür hauten die Musikerinnen und Musiker vom Fanfarenzug Aldorf
nicht nur kräftig, sondern auch närrisch auf die Pauke.
Funkenmariechen jeglichen Alters warfen schwungvoll die Beine in die
Höhe. Gerade mal sechs Jahre alt waren die jüngsten
Tänzerinnen vom Gardetanz Tizo aus Ditzingen. Stolz und strahlen
präsentierte sich der närrische Nachwuchs. Wen wundert's. Das
ganze Jahr über hatten die Mädchen zweimal die Woche mit
ihrer Lehrerin Andrea Eisenlöffel geprobt, um jetzt endlich auf
der Bühne zu stehen.
"Ein dreifacher Dr. Faust"- Der Gruß erfüllte immer wieder
die Halle, wo vorwiegend weitere Narrengruppen saßen. Die
Stuttgarter Stadthexen waren angereist, die Kraichgau-Perlen, die
Saubach-Hexen aus Bietigheim-Bissingen und sogar die Grenzhupfer aus
dem Elsaß.
Präsident Müller wunderte sich wenig, dass fast nur Gruppen
gekommen waren. Obwohl der Fasching helfe, das Leben ein bisschen
leichter zu nehmen, sei die Bevölkerung hier in der Region nur
schwer zum Mitfeiern zu bewegen, sprach er aus Erfahrung. Es sei denn,
sie gehören der Narrenzunft an. Dann wird schon am 11.11.
gefeiert. Und zwar pünktlich ab 11.11 Uhr.
Müller und Freunde jedenfalls waren pünktlich zum Auftakt der
Kampagne in Murr in die Kostüme geschlüpft. Highlight heuer
sei die Teilnahme am Umzug an Faschingsdienstag beim großen
Karnevalsverein Möbelwagen Stuttgart.
Mühlacker-Tagblatt-Artikel von Ulrike Stahlfeld, 15.11.2004
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