Protestbrief an Regierungschef
Gemeinden verweigern Zahlung von Bahnrechnungen für Stadtbahn-Haltepunkte - Land kann Zuschüsse nicht einlösen



MÜHLACKER/MAULBRONN.Zwei Verwaltungen wagen gegenüber der Deutschen Bahn den Aufstand: Die Große Kreisstadt Mühlacker und die Gemeinde Ölbronn-Dürrn weisen deren Millionenforderungen zurück.

Der Grund für diese Rechnungen sind besondere Vertragsklauseln in den Vereinbarungen über die Finanzierung beim Bau der Stadtbahnhaltepunkte am Rösslesweg in Mühlacker, aber auch in Ölbronn, Maulbronn-West und Kleinvillars. Nach Auffassung der Bahn müssen die Kommunen die Baukosten der Haltepunkte vollständig vorfinanzieren, auch wenn ihr Eigenanteil an den Baukosten nur bei 15 Prozent liegt. Das Land Baden-Württemberg hat zwar Zuschüsse in Höhe von 85 Prozent der Baukosten für jeden Haltepunkt zugesagt, kann diese aber wegen fehlender Gelder in der eigenen Kasse nicht mehr fristgerecht auszahlen. Deshalb will sich die Bahn nun an den Kommunen schadlos halten. "Wir haben eine Forderung der Deutschen Bahn auf dem Tisch, dass wir innerhalb eines Monats eine Million Euro überweisen sollen, um die ausbleibenden Landeszuschüsse zu finanzieren. Das kann unsere Gemeinde nicht verkraften", ärgerte sich gestern Ölbronn-Dürrns Bürgermeister Adalbert Bangha. In Abstimmung mit seinem Gemeinderat feilt er an einer Protestnote an den Ministerpräsidenten in Stuttgart. "Bei uns werden die Umlagen für das Land pünktlich abgerechnet, deshalb erwarten wir auch von der Landesregierung die pünktliche Auszahlung der Zuschüsse", begründete er seine Enttäuschung. Ebenso hat inzwischen die Stadt Mühlacker einen Brief an die Bahn gerichtet, dass sie die bisher nicht gezahlten Zuschüsse des Landes in Millionenhöhe für den Bau des Haltepunktes am Rösslesweg auf keinen Fall vorstrecken will. "Dafür muss die Bahn geradestehen. Juristisch besteht dazu keine Veranlassung. Das gibt der Vertragstext nicht her", erläuterte Stadtkämmerer Reinhard Gerst die Position der Rathausspitze. Die Städte Maulbronn und Knittlingen haben hingegen nach Aufforderung der Bahn, auch die Abschlagszahlungen der Landesregierung zu übernehmen, entsprechende Ratenz! ahlungen in Höhe von jeweils mehreren hunderttausend Euro für die im Bau befindlichen Haltepunkte Maulbronn-West und Kleinvillars aus der Stadtkasse geleistet. "Das Vertragswerk weist uns die Verantwortung für die Finanzierung zu", sagte Maulbronns Bürgermeister Andreas Felchle zur PZ. Ähnlich äußerte sich Knittlingens Stadtoberhaupt Heinz-Peter Hopp. "Die Stadt muss laut Vertragsklauseln einspringen", stellte er fest. Die Gemeinde Ötisheim fühlt sich durch den heftigen Streit um die Haltepunkt-Finanzierung in ihrem ablehnenden Kurs gegenüber der Bahn eher bestätigt. "Ich sehe keine Notwendigkeit, unseren Bahnhof umzugestalten", sagte Rathauschef Werner Henle. Es liefe alles nach dem Motto, die Bahn lege alles fest, das Land und die Gemeinde hätten nur noch zu zahlen.

Artikel wurde erstellt von: Horst Pieper am 30.11.2004.

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