Freie Kunstschule Knittlingen legt
ihre Angebote vor:
"Für die Region und
ohne abgehobene Distanz"
Knittlingen. (gm) "Wann tirfft
man schon mal auf solche Voraussetzungen?" für Professor Dr. Helge
Bathelt, Initiator und spiritus rector der neu gegründeten Freien
Kunstschule Knittlingen, ist zum Glücksfall geworden, was
zunächst als Notfall begann. Denn die Querelen um das angestammte
Quartier der Künstlergilde Buslat im Bauschlotter Schloss, die
Ende vergangenen Jahres mit dem Auszug endeten, führten direkt in
die ausgebreiteten Knittlinger Arme - und die hatten nicht nur eine 300
Quadratmeter große Galeriefläche in der alten Straubschen
Fabrik an der Esselbachstraße anzubieten, sondern ein Stockwerk
höher auch noch 400 Quadratmeter für eine der Gilde
angegeliederte Freie Kunstschule. Noch ein Glücksfall: Für
Bethelt wie für den Vermieter war die Kunstschule so etwas wie die
Verwirklichung eines zwar schon lange, aber bislang eher im Geheimen
gehegten Ziels. Dieses Miteinander trug wohl dazu bei, dass die
Kunstschule die von der vorherigen Nutzung vorhandene hochwertige
moderne Einrichtung übernehmen konnte und so bereits ein "Styling"
vorweisen kann, das ihr sonst finanziell kaum möglich gewesen
wäre.
Bathelt und sein künstlerischer Mitstreiter, Professor Frederick
D. Bunsen, legen Tempo vor: Aus der Idee ist nach wenigen Monaten ein
durchorganisiertes Unternehmen mit elf DozentInnen im angewandten und
freien Bereich und drei KunsthistorikerInnen geworden, dass bereits mit
den ersten Kursen an den Start ging. "Wir sind mit Mut, aber auch viel
Naivität daran gegangen. Man merkt erst unterwegs, welche Arbeit
notwendig ist", zieht Bathelt ein erstes Resümee - ohne
Ermüdungserscheinungen zu zeigen. zusammen mit Bunsen hat er mit
großem persönlichen Einsatz ein professionelles Konzept mit
zum Teil hochrangigen, selbst künstlerisch tätigen und durch
eine pädagogische Ausbildung für die Aufgabe ausgewiesenen
Dozenten entwickelt, das Assoziationen zu einer Art Hobby-Vereinsarbeit
von vorneherein verbietet. Und er hat weitere Pläne - auch in
Verbind mit der Künstlergilde, der der neue Standort offenbar auch
überraschende, neue künstlerische Maßstäbe setzt.
Was Bathelt und Bunsen in Knittlingen realisieren, basiert auch auf der
Erkenntnis, dass es neben der Heranführung von Laien an die
Künstlerische Arbeit und die Förderung kreativer Potenziale
so etwas wie einen weißen Fleck gibt: Die berufsbezogene Lehre
mit der Systematik künstlerischen Arbeitens, der Klärung der
Frage, ob die eigene künstlerische Begabung ausreicht, um daraus
einen Beruf zu machen und mit Berufberatung ist deshalb das zweite
Standbein der Freien Kunstschule.
In erster Linie aber, da stehen Bathelt und Bunsen trotz des Endziels
einer Sondereinrichtung mit Semestern zur Vor- und Nachbereitung des
Studiums, fest auf dem Boden der gegenwärtigen Tatsache, "wollen
wir eine Einrichtung für die Region und ihre Menschen etablieren
und keine abgehobene Distanz schaffen". Die umfangreichen Kurs-Angebote
in den verschiedensten Techniken und Ausrichtungen - neben
Ölmalerei, Zeichnen und Aquarellieren unter anderem auch
Comiczeichnen, Schmuckgestaltung und freie Illustration - richten sich
dabei an absolute Anfänger wie an künstlerisch Tätige,
die Weiterentwicklung suchen - besonders aber auch an Kinder und
Jugendliche.
Die Teilnehmerzahl an den Kursen will man niedrig halten. "Wir haben so
kalkuliert, dass es sich mit acht Teilnehmern trägt", stellt
Bethelt fest. Allerdings unter einer Voraussetzung: Neben den
Zuschüssen von Landkreis und Land müsste sich auch die Stadt
Knittlingen dazu entschließen, ihrem jüngsten Kind etwas
unter die Arme greifen.
BW, 10.02.2005