Unruhe in den Rathäusern
Mitarbeiter fürchten Gehaltseinbußen durch Reform der öffentlichen Tarife: Lohn liegt mitunter um 1500 Euro netto

MÜHLACKER/KNITTLINGEN.Die kommunalen Mitarbeiter im östlichen Enzkreis bangen um die Höhe ihrer Bezüge. Fast alle Arbeiter und Angestellten müssen sich in den nächsten Jahren auf Einkommensverluste einstellen.

Kinderzuschläge und Altersaufstieg sollen bei der Tarifreform gestrichen werden, hinzu kommen flexiblere Arbeitszeiten und eine neue Niedriglohngruppe, Leistungsprämien und mehr Geld für jüngere Beschäftigte. "In meiner Lohntüte darf es zu keinem Minus kommen. Dafür arbeite ich gern zwei Stunden mehr in der Woche", beschrieb gestern ein hauptberuflicher Feuerwehrmann in Mühlacker die Stimmung. Die Arbeiter vom Straßenwärter bis zum Hausmeister sind finanziell nicht auf Rosen gebettet, erreichen höchstens einen Lohn samt Zuschlägen von etwa 1500 Euro netto im Monat. Und das bei einem harten Job mit Winterdiensteinsätzen wie gestern von drei Uhr morgens an. Das sagte Straßenwärter Fritz Zimmermann von der Straßenmeisterei in Maulbronn.

Die Männer, im Schnitt um die 45 Jahre alt, zumeist verheiratete Familienväter, schauten sorgenvoll in die Zukunft. "Niemand wird schlechter gestellt", versuchte gestern der Personalratsvorsitzende der Enzkreis-Kliniken in Mühlacker, Wolfgang Majer, die aufkommende Angst einzudämmen. Die knapp 600 Mitarbeiter des Krankenhauses werden weiterhin nach öffentlichem Tarif bezahlt, müssen ebenso mit Einschnitten rechnen.

Die bisher gewährten Zuschläge sollen nach den Vorschlägen von Potsdam in übertarifliche Leistungen umgewandelt werden, die dann aber von Jahr zu Jahr mit den Tariferhöhungen verrechnet würden. Damit würden die Löhne und Gehälter auf Jahre "eingefroren". Allerdings, so das ver.di-Mitglied, gebe es zur Reform keine Alternative, um die anhaltende Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen zu stoppen. Streitbar gab sich die für 300 Bedienstete in der Stadtverwaltung von Mühlacker zuständige Personalratschefin Karin Oppel: Die Rathaus-Mitarbeiter seien fleißig und hätten öffentliches Lob verdient anstatt die anhaltende öffentliche Schelte. "Die bisherigen Regelungen waren praktikabel. Die Änderungen sind unnötig", stellte sich gestern Knittlingens Hauptamtsleiter Rainer Gutöhrlein gegen die geplanten Tarifreformen.

Nach seinen Worten hinken die Löhne der Arbeiter im öffentlichen Dienst bereits um 20 Prozent hinter dem Niveau in der Privatwirtschaft her, bei den Beamten um zehn Prozent. "Jeder Berufsanfänger im öffentlichen Dienst legt heute bei Amtsantritt das Gelübde der Armut ab", so Gutöhrlein zur PZ.

Sowohl der Regionalvorsitzende des Deutschen Gewerkschafts-Bundes in Pforzheim, Martin Spreng, als auch der Personalratschef des Enzkreises, Holger Eggers, haben sich für die Reform des öffentlichen Tarifrechts ausgesprochen. An der Wochenarbeitszeit dürfe nicht gerüttelt werden. Nach den Plänen von Potsdam soll die Unkündbarkeit im öffentlichen Dienst aufgegeben werden.

Außerdem soll die Unterscheidung zwischen Angestellten und Arbeitern aufgehoben und eine leistungsorientierte Bezahlung eingeführt werden.

PZ-Artikel wurde erstellt von: Horst Pieper und Bruno Knöller am 09.02.2005.


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