Lothar Frick – Schulstraße 28 – 75438 Knittlingen-Freudenstein
Martin Blanc – Im Hanfland 25 – 75438 Knittlingen-Kleinvillars






Herrn
Bürgermeister
Heinz-Peter Hopp
Rathaus

75438 Knittlingen



                                                                                                Mittwoch, 20. Juli 2005

Gemeindevollzugsdienst in Knittlingen

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

wir schreiben Ihnen, weil wir im Zusammenhang mit Anfragen aus dem Gemeinderat sowie Presseberichten und einer Pressemitteilung seitens der Stadt Knittlingen zum Gemeindevollzugsdienst in Knittlingen zahlreiche Ungereimtheiten und Widersprüche sehen, die unserer Ansicht nach der Aufklärung bedürfen. Es geht dabei längst nicht mehr nur darum, unter welchen Umständen bzw. Auflagen der Gemeindevollzugsbedienstete seine Arbeit versehen muss bzw. musste, sondern auch um die Frage, ob die Mitglieder des Gemeinderats Auskünften der Verwaltung in nichtöffentlichen wie öffentlichen Sitzungen überhaupt noch Glauben schenken können.

1. Zeitpunkt der Auskünfte der Stadtverwaltung

Zu klären ist aus unserer Sicht zunächst, weshalb die Stadtverwaltung in der „Presseerklärung des Hauptamtsleiters der Stadt Knittlingen Rainer Gutöhrlein“ vom 6. Juli 2005 enthaltenen Informationen nicht schon früher an den Gemeinderat gegeben hat. Gelegenheit dazu bestand bei einer Anfrage des  Gemeinderatskollegen Hans Krauß am 5. April 2005 außerhalb der Tagesordnung im nichtöffentlichen Sitzungsteil. Ebenso wäre es möglich gewesen, sich auf die öffentliche Anfrage von Stadtrat Haas am 3. Mai 2005 entsprechend zu äußern, ebenso in der öffentlichen Sitzung vom 5. Juli 2005 auf eine Anfrage eines der beiden Unterzeichner (Lothar Frick). Die nunmehr per Pressemitteilung bekannt gewordenen Auskünfte wurden seitens der Stadtverwaltung erst erteilt, nachdem der Verwaltung bekannt geworden war, dass der genannte Unterzeichner im Besitz einer Kopie aus dem Dienstbuch des Gemeindevollzugsbediensteten ist, mit dem er belegen kann, dass es dem Gemeindevollzugsbediensteten „bis auf weiteres“ untersagt worden war, Mandate im ruhenden Verkehr – sprich Strafzettel bzw. „Knöllchen“ für Falschparker zu verteilen. Damit konnte ein in Knittlingen über Wochen herumgehendes Gerücht als zutreffend bestätigt werden.

Zu klären ist: Warum wurden die Angaben, die die Stadt in der Pressemitteilung vom 6. Juli macht, dem Gemeinderat trotz verschiedener Anfragen nicht früher zur Verfügung gestellt? Warum haben Sie, der Sie in jeder der betreffenden Sitzungen neben Herrn Gutöhrlein gesessen hat, dessen Ausführungen nicht entsprechend den Informationen in der Pressemitteilung vom 6. Juli 2005 ergänzt bzw. korrigiert?

2. Angeblich nichtöffentliche Personalangelegenheiten

Sie selbst haben in der öffentlichen Sitzung vom 5. Juli 2005 versucht, die Anfrage eines der Unterzeichner (Lothar Frick) nach der Vergabepraxis von Park-Knöllchen in Knittlingen unter dem Hinweis, es handle sich um eine nichtöffentliche Personalangelegenheit, in den nichtöffentlichen Teil der Sitzung zu verlagern. Einen Tag später wirft die Stadtverwaltung in einer Pressemitteilung dem betroffenen Gemeindevollzugsbediensteten öffentlich „Überreaktionen“ vor und stellt damit seiner Tätigkeit ein Zeugnis aus, das seinen Ruf in der Öffentlichkeit in erheblichem Maße schädigt.

Zu klären ist: Wieso ist für die Stadtverwaltung eine Anfrage, die einer möglichen Weisung seitens Vorgesetzten des Gemeindevollzugsbediensteten an diesen gilt, eine „nichtöffentliche Personalangelegenheit“, während die öffentliche Verkündung von „Überreaktionen“ des betroffenen Untergebenen in Form einer Pressemitteilung gerade einmal einen Tag später von der Stadtverwaltung für zulässig gehalten wird? Wie hält es die Stadtverwaltung in diesem Zusammenhang mit der gesetzlich gebotenen Fürsorgepflicht für ihre Beschäftigten?

3. Protokoll der Sitzung des Gemeinderats vom 3. Mai 2005

Stadtrat Haas hat sich im öffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung am 3. Mai 2005 ausweislich des Protokolls unter dem Tagesordnungspunkt Anfragen zu Wort gemeldet und unter anderem gesagt, er wolle Einsicht in die Akten des Gemeindevollzugsdienstes (GVD), was Anweisungen betreffe sowie eine Übersicht über die Einnahmen der letzten zwölf Monate.

Hauptamtsleiter Gutöhrlein hat gemäß Wortlaut der Zusammenfassung im Sitzungsprotokoll wie folgt geantwortet: „Die Aufgaben des GVD sind gesetzlich geregelt. Hier bedarf es keiner Dienstanweisung. Wir besprechen sein Dienstbuch, das er führt. Als Reaktion auf die seinerzeitige Anfrage Krauß haben wir seinen Dienstplan wieder geändert. Er ist vom verstärkten Einsatz im Außenbereich in den Innenbereich der Stadt zurückgekehrt. Die Einnahmen kann Herr Dannecker gerne auflisten. Sie belaufen sich im Jahr auf 4.000,-- bis 5.000,-- Euro.“

Nach unserer sicheren Erinnerung hat Herr Gutöhrlein in Ihrem Beisein auf die Anfrage von Stadtrat Haas geantwortet, es gebe keine Unterlagen (und damit logischerweise auch nichts, in das die von Stadtrat Haas gewünschte Einsicht genommen werden könnte). Im Protokoll der Sitzung, das Herr Gutöhrlein führt und von Ihnen als Vorsitzendem des Gemeinderats unterzeichnet wird, ist dagegen von einem vom GVD geführten und mit dem Hauptsamtsleiter zu besprechenden Dienstbuch die Rede. Davon haben wir in der Sitzung am 3. Mai nichts gehört. Wir möchten darauf hinweisen, dass uns zahlreiche Aussagen von Kolleginnen und Kollegen aus dem Gemeinderat vorliegen, die uns – teils schriftlich, teils mündlich – bestätigt haben, dass Herr Gutöhrlein in der Sitzung am 3. Mai auf die Anfrage von Stadtrat Haas hin gesagt hat, es gebe keine Unterlagen mit Blick auf den Gemeindevollzugsdienst.


4. Weisung oder nicht?

Im Dienstbuch des Gemeindevollzugsbediensteten ist unter dem Datum 24. Januar 2005 unter anderem Folgendes eingetragen: „Mündliche Anweisung durch Herrn Amtsleiter Rainer Gutöhrlein ‡ ab sofort keine mündliche oder entgeldliche Verwarnungen im Ruhenden Verkehr bis auf weiteres, auch in den Stadtteilen“. Darunter steht abgezeichnet von Herrn Gutöhrlein in dessen Handschrift: „(BM Hopp interne Weisung)“. Auch die Gesamtseite ist vom Hauptamtsleiter mit Datum 31. Januar 2005 abgezeichnet.

In der „Presseerklärung des Hauptamtleiters der Stadt Knittlingen Rainer Gutöhrlein“ vom 6. Juli 2005 heißt es dazu: „Zur Klarstellung möchte ich darauf hinweisen, dass der im Dienstbuch enthaltene Bezug auf eine interne Weisung des Bürgermeisters so zu verstehen ist, dass das Gespräch zwischen Herrn Nonnenmann und mir auch auf Weisung des Bürgermeisters mir gegenüber zustande kam“.

Im Dienstbuch findet sich jedoch nach wie vor die vom Hauptamtsleiter abgezeichnete Aufzeichnung des Gemeindevollzugsbediensteten, wonach „auf mündliche Anweisung durch Herrn Amtsleiter Gutöhrlein“ bis auf weiteres keine Verwarnungen im ruhenden Verkehr mehr ausgesprochen werden sollten.

Damit ist zu klären: Hat Herr Hauptamtsleiter Gutöhrlein die von ihm abgezeichnete mündliche Anweisung eigenmächtig gegeben? Hat er dazu von Ihnen eine allgemeine Befugnis dazu erhalten? Oder war die Anweisung im konkreten Fall mit Ihnen abgesprochen bzw. ist sie auf Geheiß von Ihnen erfolgt? Mindestens eine der genannten Möglichkeiten muss logischerweise zutreffen.

5. Sonstige Umstände der Weisung

In der Pressemitteilung vom 6. Juli heißt es zudem: „zu keinem Zeitpunkt gab es eine Weisung an den Gemeindevollzugsbediensteten, wonach er aus politischen Gründen davon absehen sollte, seinen Dienstpflichten nachzugehen“. Interessant ist die in diesem Satz gemachte Einschränkung „aus politischen Gründen“.

Zu klären ist: Warum heißt es in der Pressemitteilung nicht einfach: „zu keinem Zeitpunkt gab es eine Weisung an den Gemeindevollzugsbediensteten, wonach er davon absehen sollte, seinen Dienstpflichten nachzugehen“?
 
6. Art und Zeugen der angeblichen „Überreaktionen“ des Gemeindevollzugsbediensteten

In der „Presseerklärung des Hauptamtsleiters der Stadt Knittlingen Rainer Gutöhrlein“ vom 6. Juli 2005 heißt es unter anderem: „Im Januar 2005 kam es zu einigen Überreaktionen des Gemeindevollzugsbediensteten Frank Nonnenmann. Aus diesem Grunde sah ich mich veranlasst, mit ihm am 24. Januar 2005 über die Verhängung von Bußgeldern ein Dienstgespräch zu führen. Auch Herrn Bürgermeister Hopp wurden einzelne Fälle bekannt, so dass er mich bat, mit Herrn Nonnenmann ein Gespräch zu führen.“

Damit ist zu klären: Welcher Art waren die angeblichen „Überreaktionen“ des Gemeindevollzugsbediensteten? Wer kann die Aussagen des Hauptamtsleiters und Ihrerseits, da Ihnen auch „einzelne Fälle bekannt“ geworden sein sollen, hinsichtlich der angeblichen „Überreaktionen“ bestätigen? Oder ist das Gespräch mit Herrn Nonnenmann etwa auf Grundlage anonymer Hinweise erfolgt? Hatte Herr Nonnenmann in dem Gespräch die Möglichkeit, sich zu einzelnen Fällen angeblicher „Überreaktionen“ zu äußern? Falls ja, in welcher Weise und welchen Inhalts sind  Aussagen dazu von ihm erfolgt? Falls nein: Warum wurde ihm diese Möglichkeit nicht eingeräumt?

7. Zeitraum der angeblichen „Überreaktionen“ des Gemeindevollzugsbediensteten

In der „Presseerklärung des Hauptamtsleiters der Stadt Knittlingen Rainer Gutöhrlein“ vom 6. Juli 2005 steht unter anderem: „Im Januar 2005 kam es zu einigen Überreaktionen des Gemeindevollzugsbediensteten Frank Nonnenmann. ….. Auch Herrn Bürgermeister Hopp wurden einzelne Fälle bekannt, ….“.

Laut Aussage des Gemeindevollzugsbediensteten stellen sich dessen Anwesenheitszeiten und Einsatzfelder Ende Dezember 2004 und im Januar 2005 wie folgt dar:
27. bis 31. Dezember 2004: Vertretung Amtsbote.
1. Januar 2005: Vertretung Amtsbote, Fegarbeiten am Rathaus und Sichtkontrolle bei der Schule wegen Silvester.
2. Januar 2005: Beflaggung Rathaus (Tsunamiopfer).
3. Januar bis 7. Januar 2005: Urlaub.
10. Januar bis 21. Januar 2005: Krankheitsbedingte Abwesenheit.

Sollten die vom Gemeindevollzugsbediensteten gemachten Angaben zutreffen, dann war der 24. Januar 2005 der erste Tag im Januar 2005, in denen dieser in seinem eigentlichen Aufgabengebiet tätig war. Ansonsten war er an keinem einzigen Tag im Januar 2005 als Gemeindevollzugsbediensteter im Einsatz. Der Januar 2005 ist aber laut „Presseerklärung des Hauptamtsleiters der Stadt Knittlingen Rainer Gutöhrlein“ vom 6. Juli 2005 der Zeitraum gewesen, in dem es zu den angeblichen „Überreaktionen“ gekommen sein soll.

Zu klären ist deshalb: Wie kann es zu „Überreaktionen“ von Herrn Nonnenmann als Gemeindevollzugsbedienstetem „im Januar 2005“, wie es in der Presseerklärung der Stadt vom 6. Juli  2005 heißt, gekommen sein, wenn dieser erst ab dem 24. Januar 2005 als Gemeindevollzugsbediensteter im Einsatz war– also exakt dem Datum seines Dienstgesprächs mit Herrn Gutöhrlein wegen der angeblichen „Überreaktionen“, das gemäß Presseerklärung vom 6. Juli auch auf Ihre Weisung hin anberaumt worden sei? Wie können dann Ihnen, Herr Bürgermeister, „einzelne Fälle“ von „Überreaktionen“ im Januar 2005 bekannt geworden sein? Um welche Fälle handelt es sich dabei, wer war von den „Überreaktionen“ betroffen, wer hat sie Ihnen zur Kenntnis gegeben? Oder haben sich möglicherweise alle Betroffenen oder sonstigen Personen, die sich Ihnen und dem Hauptamtsleiter gegenüber geäußert haben, im Datum geirrt, obwohl es sogar einen Monatszeitraum betraf und nicht nur einen einzelnen Tag?
 8. Absprache der Presseerklärung vom 6. Juli 2005 mit einem Rechtsanwalt?

Uns zugegangenen Informationen zufolge soll die „Presseerklärung des Hauptamtsleiters der Stadt Knittlingen Rainer Gutöhrlein“ vom 6. Juli 2005 mit dem für die Stadt schon aus anderen Anlässen tätigen Pforzheimer Rechtsanwalt  Dr. Joachim Becker besprochen und abgestimmt worden zu sein.

Zu klären ist: Ist Herr Rechtsanwalt Dr. Becker tatsächlich im Rahmen der Abfassung der Pressemitteilung vom 6. Juli eingeschaltet gewesen? Falls ja, aus welchen Gründen war dies so? Hätte der Gemeindevollzugsbedienstete als städtischer Angestellter in vergleichbarer Weise die Möglichkeit, auf städtische Ressourcen (personell wie finanziell) zurückzugreifen, wenn er selbst Erklärungen zum gleichen Fall und Thema abgeben möchte? Wenn nein, warum nicht?

Zu fragen ist darüber hinaus: Ist es zutreffend, dass die Stadtverwaltung den Gemeindevollzugsbediensteten ultimativ dazu aufgefordert hat, bis Donnerstag, den 21. Juli 2005 zu erklären, an wen er eine Kopie aus seinem Dienstbuch gegeben habe? Falls ja: Ist Herr Nonnenmann darauf hingewiesen worden, dass er in solchen Situationen um rechtlichen Beistand ersuchen und den Personalrat der Stadt einschalten kann? Ist ihm geschildert worden, welche Konsequenzen eine Versäumnis der gesetzten Frist nach sich ziehen würde? Hält die Stadtverwaltung eine Frist von gerade vier Arbeitstagen für angemessen, um auf die gestellte Frage zu antworten, wofür zum Beispiel die Hilfe eines fachlich versierten Rechtsanwalts erst einmal gefunden, terminiert und organisiert werden müsste? Kann die Stadtverwaltung ausschließen, dass jemand anders als der Gemeindevollzugsbedienstete eine Kopie aus dem Dienstbuch herausgegeben hat?

Wie Sie sehen, sehr geehrter Herr Bürgermeister, gibt es eine ganze Reihe von wichtigen und dringend klärungsbedürftigen Fragen. Wir möchten Ihnen abschließend die Bitte übermitteln und den Rat geben, die aufgeworfenen Fragen gründlich zu prüfen und alles im Rahmen Ihrer Möglichkeiten liegende zu tun, um dem Gemeinderat der Stadt Knittlingen, der Knittlinger Bevölkerung und der Öffentlichkeit insgesamt eine korrekte Beurteilung dessen zu ermöglichen, was tatsächlich vorgefallen ist. Auf diese Weise ist es vielleicht noch möglich, der Stadt  einen weiteren Aufsehen erregenden Arbeitsgerichtsprozess zu ersparen.

Wir erwarten von der Stadtverwaltung insgesamt und Ihnen persönlich uneingeschränkt Auskunft und die Offenlegung aller vorhandenen Akten und Unterlagen, damit die Aussagen des Gemeindevollzugsbediensteten insbesondere bezüglich seiner Anwesenheitszeiten und Dienstaufgaben insbesondere im Januar 2005 geprüft werden können. Mit mündlichen Aussagen Ihrerseits oder seitens des Hauptamtsleiters sind wir nicht mehr zufrieden zu stellen. Die Fakten müssen in Form der vorhandenen Dokumente – und zwar aller – auf den Tisch. Ferner muss dem Gemeindevollzugsbediensteten die Möglichkeit eingeräumt werden, vom Gemeinderat angehört zu werden.  

Wir können uns in der derzeitigen Situation leider des Eindrucks nicht ganz erwehren, dass seitens der Verwaltungsspitze versucht wird, offensichtliche Widersprüche in der eigenen Argumentation dadurch zu übertünchen, das schwächste Glied in der Kette der Beteiligten – den Gemeindevollzugsbediensteten – für Fehler verantwortlich zu machen, die von der Verwaltungsspitze –– dem stärksten Glied in der Kette –– begangen worden sind.

Wir behalten uns angesichts der Wichtigkeit des Themas vor, dieses Schreiben kurzfristig der Öffentlichkeit zur Kenntnis zu geben.

Mit freundlichen Grüßen

Lothar Frick               Martin Blanc