Vier schnelle Schritte – und dann abheben
Fliegerfest am Derdinger Horn begeistert
Gleitschirmpiloten und Publikum gleichermaßen
Oberderdingen/Knittlingen.
Der Windsack hängt schlapp nach unten. Wenn er sich doch einmal
aufbläht, dreht er in die falsche Richtung. Beim ersten
Fliegerfest der Interessengemeinschaft „Horn ’y’ Gliders“ bleibt der
frisch genehmigte Startplatz am Derdinger Horn zunächst verwaist.
Theorie statt Tandemflug. Am Sonntag konnten Besucher dann doch
abheben, begleitet von den „Aaahhs“ der zahlreichen Zuschauer.
„Optimal ist Wind aus Südsüdwest, also direkt von vorn,
sodass er unter die Kappe greifen kann“, erläutert Bernd
Großmann aus Zaisersweiher, der als Pilot für
Tandemflüge eingeteilt ist. Auch Thermik kann für Auftrieb
sorgen: „Ist der Boden aufgeheizt, reißt warme Luft ab und bildet
Blasen oder sogar einen richtigen Luftschlauch, auf dem man gleiten
kann“, erklärt Wolfgang Tron, Initiator der
Interessengemeinschaft, warum heiße Luft bei Fliegern ein Thema
ist.
Am Samstagmorgen regt sich jedoch kaum ein Lüftchen. Das Feld
bleibt erfahrenen Fliegern überlassen. „Mit einem schnellen
Anlauf, kann ich schon abheben. Bremst ein Tandemflieger aus
Unsicherheit ab, kann es zum üblen Sturz kommen. Bei diesem Wetter
gilt nach dem Start nur noch eins: Vorwärts!“, übernimmt der
43-jährige Großmann heute lieber keine Verantwortung
für Huckepack-Flieger und hebt solo ab.
Vier schnelle Schritte, ein Juchzen, Beine hoch und schon segelt er
über die Weinstöcke. Eine kurze Demonstration. In rund zwei
Minuten landet er knapp 100 Meter tiefer auf Knittlinger Gemarkung.
Länger ist der Heimweg hinauf zum Startplatz. Flieger sind mit
schwerem Gepäck unterwegs.
Endlich: Gegenwind. Am Sonntag können die Besucher eigene
Erfahrung machen. „Ein Supergefühl“, schwärmt Martin Vincon
aus Sternenfels nach seinem ersten Flug. „Man wechselt die Perspektive,
sieht alles aus einer anderen Richtung“, ist auch Timo Gayer aus
Maulbronn von der Premiere begeistert. „Ich habe mich die ganze Zeit
sicher gefühlt, die Flieger wissen, was sie tun“, hat es bei ihm
nicht einmal leicht im Bauch gekribbelt.
Wesentlich aufgeregter verfolgen die Zuschauer das Geschehen am Hang.
Warten, Warten, Warten. Da! Der Pilot hebt die Hände mit den
Steuerschlaufen. Dem Wind geht im letzten Moment doch wieder die Puste
aus. Wieder heißt es Warten. Jetzt! Anlauf, der Schirm bläht
sich auf, einen Meter sind die Füße der Flieger schon in der
Luft. Noch einen Schritt, dann haben sie endgültig abgehoben.
Manchmal scheinen sich die Flieger-Duos nur mit Mühe vom Boden zu
lösen. Mit „Ahh“ oder „Huhh, das war aber nah an den
Weinstöcken“, begleitete das Publikum jedes Manöver vom Start
bis zur Landung.
Ein Spaß nicht nur für die Aktiven. „Das Interesse am Sport
ist toll. Wir haben viele Menschen erreicht“, freut sich Wolfgang Tron
über die Resonanz. Isabel Hansen

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GLEICH HEBEN SIE
AB: Gleitschirmpiloten zeigten auf dem Derdinger Horn einem
begeisterten Publikum ihr fliegerisches Können. Foto: Hansen
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