Tour-Begeisterung kam erst spät auf
Touren
Mehrere zehntausend Radsportfans verfolgten
am Samstag das Mannschaftszeitfahren durch den Kraichgau
„Trotz allem: Der Radsport lebt“
Von
unserem Redaktionsmitglied Thilo Kampf
Bretten. „Trotz
allem: Der Radsport lebt“ war auf einem großen Transparent
zwischen Knittlingen und Ruit zu lesen. Das war denn auch das Motto,
unter dem die Deutschland-Tour am Samstag durch Bretten und den
Kraichgau brauste. Trotz der anhaltenden Doping-Diskussion und der
Vorfälle bei der Tour de France vor wenigen Wochen lockte die
Deutschland-Tour mehrere zehntausend Fans nach Bretten und in den
Kraichgau – und erfüllte damit „vollstens unsere Erwartungen“, wie
es Tour-Direktor Kai Rapp formulierte. (Siehe auch Sport.)
Dabei sah es vor dem Start in Bretten noch sehr ruhig aus, war doch bis
auf den Bereich um Start und Ziel an der Pforzheimer Straße kaum
ein Fan an den Absperrungen zu sehen. Gut besucht indes das VIP-Lager,
in dem Oberbürgermeister Paul Metzger voll des Lobes über das
Sponsoring war: „Ohne die großen und die vielen kleinen Sponsoren
in unserer Stadt wäre dies alles nicht möglich gewesen. Wir
sind stolz, dass wir nach 2003 wieder Veranstaltungsort sein
dürfen.“ Unter den zahlreichen Gästen war auch der neue
Karlsruher Landrat Christoph Schnaudigel, der sich als „begeisterter
Rennradfahrer“ outete.
Im Gegensatz zur Tour vor vier Jahren war der Andrang in der Stadt
selbst und entlang der Strecke deutlich geringer – und die Begeisterung
kam erst nach dem Start der ersten Mannschaften allmählich auf
Touren. Spätestens beim Team Milram mit Sprint-Star Erik Zabel –
und bei Jens Voigt und seinem CSC-Team – brach sich die Begeisterung an
der Strecke Bahn, jubelten alte und junge Radsportfans den Sportlern zu
und feuerten diese vor allem bei den recht steilen Anstiegen (zum
Beispiel im Derdinger Unterdorf oder von Sulzfeld nach Ochsenburg)
immer wieder lautstark an.
Dass das Thema Doping auch bei den Fans eine Rolle spielt, ließ
sich an zahlreichen Plakaten entlang des 42,2 Kilometer langen
Rundkurses erkennen: „Halt, Dopingkontrolle“, hieß es etwa auf
einer überdimensionalen Spritze in Höhe der Abfahrt
Großvillars. Und: „Nur die Klaren sind die Wahren“.
Dies hatte zuvor auch Tour-Chef Rapp deutlich gemacht, der nicht
müde wurde, auf die Bemühungen des Veranstalters um eine
„saubere Tour“ aufmerksam zu machen. „Wir haben bereits im Vorfeld mit
allen Mitteln ausgesiebt, die wir hatten“. Und auch während der
Etappe in Bretten werde es selbstverständlich strenge Kontrollen
geben.
Zu denen, die getestet wurden, zählte am Samstag übrigens
auch Publikums-Liebling Jens Voigt, dessen CSC-Team das
Mannschaftszeitfahren gewann. Nach Angaben der Rennleitung gab es
keinerlei positive Proben.
„Absolut positiv“ dagegen verlief die Tour aus Sicht der Polizei: „Wir
hatten – bis auf den ein oder anderen wütenden Bürger, der
sich über die Sperrungen ärgerte, überhaupt keine
Vorkommnisse“, freute sich Peter Westermann. Der Leiter der
Verkehrspolizei beim Polizeipräsidium Karlsruhe hatte im Brettener
Polizeirevier Quartier bezogen und ließ sich von seinen über
100 Einsatzkräften (zuzüglich der 50 Polizeibeamten, die in
den Gemeinden im Enzkreis im Einsatz waren) den Stand der Dinge
mitteilen. Die Polizei hatte auch einen Hubschrauber im Einsatz, der,
ebenso wie ein weiterer eines Fernsehteams, unablässig über
der Strecke knatterte.
Auch die zahlreichen DRK-Einsatzkräfte, die Feuerwehren aus den
Orten entlang der Strecke und die Helfer des Technischen Hilfswerks aus
den Ortsgruppen Dettenheim und Waghäusel hatten einen weitgehend
ruhigen Nachmittag. „Das lag am Wetter“, zeigte sich eine
DRK-Mitarbeiterin überzeugt: „Wenn die Sonne gebrannt hätte
und es über 30 Grad heiß gewesen wäre, hätte es
anders ausgesehen“.
Nicht nur in Bretten, sondern auch entlang der Strecke ließen
sich die Menschen nach und nach von der Tour-Euphorie anstecken. In
Oberderdingen beispielsweise, wo auf dem Marktplatz ein Tourfest
gefeiert wurde. „Es war eine gute Entscheidung, die Veranstaltung auf
den Marktplatz zu konzentrieren“, meinte Bürgermeister Thomas
Nowitzki. Ihm selbst habe die Deutschland-Tour sehr viel Spaß
gemacht. Herbert Wickenhäuser aus Flehingen fuhr früher
selbst oft Radtouren auf Zeit: „Hier in Derdingen herrscht eine
Bombenstimmung und ich genieße die Geselligkeit und das
gemütliche Ambiente.“
Oder in Knittlingen, wo allein rund 3 000 Besucher die Tour verfolgten.
Für Bürgermeister Heinz-Peter Hopp ist die Deutschland-Tour
denn auch „das touristische und sportliche Highlight dieses Jahres
für Knittlingen“.
Nach der Siegerehrung, war übrigens noch lange nicht Schicht in
Bretten: Bis spät in die Nacht wurde zu den Klängen der
Formationen „Groovalicious“ und „Sammy Goes Nuts“ getanzt und gefeiert.
Und in Knittlingen sorgte die Band „DieselVanilla“ für
Partystimmung.
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