Kugel im Kater


Knittlingen. Mit einem Freispruch endete eine Verhandlung vor dem Amtsgericht Maulbronn, in der es um einen Schuss auf einen Kater in Knittlingen ging. Dem Angeklagten war die Tat nicht nachzuweisen. Die Kugel aber steckt noch immer in dem Tier, das schwer verletzt wurde.


Zwei Knaller, ein Kichern und ein schwerverletzter Kater

Nachbar wurde vom Vorwurf der Tierquälerei freigesprochen

Das Geschoss sitzt unter dem Schulterblatt

Von unserer Mitarbeiterin Christiane Viehweg
Knittlingen/Maulbronn. Der Kater saß am 18. Februar – mal wieder – auf dem Autodach vom Nachbarn. Katzen sitzen gern auf Autodächern. Autobesitzer mögen das manchmal gar nicht gern. Der Knittlinger Nachbar auch nicht. Das wusste die Katzenbesitzerin schon, die dem erbosten Mann einmal ein paar Gutscheine für Wagenwäschen als Friedensangebot geschenkt hatte.
Sie arbeitete kurz nach 13 Uhr in ihrem Garten, als sie sah, wie beim Nachbarn das Fenster aufging. Schemenhaft sah sie die Gestalt des Mannes. Gleich darauf knallte es zweimal. Der Kater war, als sie aufsah, wie vom Autodach gefegt. Den kleinen Sohn des Nachbarn hörte sie kichern. „Pscht, pscht, pscht“, machte jemand.
Beunruhigt suchte sie den Kater. Eine halbe Stunde später entdeckte sie ihn blutend auf dem Garagendach. Der Tierarzt fand „Zorbas“ (Name geändert) im Schockzustand, mit einem „Diabolo“-Geschoss an der Wirbelsäule hinter dem Schulterblatt. Die Kugel herauszuoperieren war nicht möglich, die Gefahr der Lähmung war zu groß.
Seither steckt die Kugel in dem Kater und Zorbas leidet darunter. Im September verschwand er spurlos. Die Katzenbesitzerin zeigte den Nachbarn an. Der 39-Jährige musste sich nun vor dem Maulbronner Amtsrichter Klaus Droxler wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz verantworten.
Der Mann führt Tagebuch. An jenem 18. Februar war er nach eigenen Angaben mit einer Bekannten, deren Kind und seinen beiden eigenen Kindern in Ersingen beim großen Faschingsumzug, wie er seinem Notizbuch entnahm. Kurz vor 13 Uhr sei man weggefahren. Er habe nicht geschossen, versicherte er. Außerdem besitze er gar keine Waffe. Eine Haussuchung, die am 3. April erfolgt war, ergab denn auch keinen Hinweis auf eine solche. Die Befragung der Katzenbesitzerin ergab, dass sie den Nachbarn nicht genau, eben nur schemenhaft am Fenster gesehen hatte.
Und dass sie nur meinte, der kleine Sohn habe gelacht – gesehen hatte sie diesen nicht. Theoretisch könnte das Tier also auch von jemand anderem in der halben Stunde, während sie Zorbas suchte, angeschossen worden sein. „Aber dann hätte ich doch einen Knall hören müssen“, wandte die Frau ein. Kurz nach den Schüssen sei der Nachbar eilig weggefahren, etwa 13.15 Uhr.
Die nächste Zeugin war die beste Freundin der Ehefrau des Angeklagten. Sie erklärte mit Bestimmtheit, sie habe den Angeklagten und seine Kinder vor 13 Uhr abgeholt. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft, Florian Bähr, sah sich nach der Beweisaufnahme außerstande, den Tatvorwurf aufrecht zu erhalten.
Die Zeugin habe den Mann nur schemenhaft gesehen, aber keinen Gewehrlauf. Der Angeklagte sei bereits vor 13 Uhr weggefahren, die Schüsse seien aber erst nach 13 Uhr gefallen. Er beantragte demzufolge Freispruch. Dem konnte sich die Verteidigerin nur anschließen. Zu diesem Urteil kam auch Richter Droxler. Das Gericht komme zu keiner sicheren Schulderkenntnis.
Die auffallendste Diskrepanz sei im Zeitraster zu finden: Die Abfahrt des Angeklagten zum Faschingsumzug lag vor und die Schüsse lagen nach 13 Uhr. Das lachende Kind müsse nicht der Sohn des Angeklagten gewesen sein, sondern vielleicht ein anderes Kind. Die ganze Sache habe ihn doch sehr belastet, gestand der Angeklagte in seinem so genannten letzten Wort. Er sei sehr froh, dass sie nun endlich ausgestanden sei.

BNN.12.10.2007