„Schaut auf die innovativen Kräfte der Älteren“

Ex-Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth beim Knittlinger Generationen-Netzwerk

Knittlingen (wai). An einem Generationen-Netzwerk strickt die evangelische Kirchengemeinde in Knittlingen. Das Experiment ist seit April 2007 am Start. Unter der Leitung von Ellen Eidt versucht eine Gruppe engagierter Christen, das Gespräch und den Kontakt zwischen Jungen und Alten in Gang zu bringen. „Wir wollen, dass Menschen verschiedener Generationen voneinander lernen“, beschrieb die Gemeindediakonin ein Ziel des Netzwerks.
Impulse dafür erhofften sich die Proje6kt-Mitglieder von Professor Dr. Rita Süssmuth. Die ehemalige Bundesministerin für Jugend, Familie, Gesundheit und später auch für Frauen hatte mit dem Thema „Generationenkonflikt – das geht auch anders“ viel Publikum in die bis auf den letzten Platz besetzte Leonhardskirche gelockt. Einen idealeren Gesprächspartner hätte sich die Knittlinger Projektgruppe kaum aussuchen können. Die „Streiterin für soziale Gerechtigkeit und für die Gleichberechtigung“ als die sie von der Gemeindediakonin Ellen Eidt vorgestellt wurde, hatte großes Lob parat für die Knittlinger. „Diese Initiativen brauchen wir, um uns Mut zu machen, Veränderungen zu wagen“, meinte die Bundestagspräsidentin a. D.
Heftig kritisierte Süssmuth den Zwang, in der vierten Grundschulklasse auszusondern. Kinder müssten keineswegs das Schicksal ihrer Eltern wiederholen. Mit der Botschaft „Du bist nicht dabei“, beginne oft ein Weg in den Abstieg. Das sei nicht unabänderlich. „Wenn wir uns an die Arbeit machen, dann sind Veränderungen möglich“, stellte sie sich in Gegensatz zur CDU-Landespolitik.
Ihre nächste These: Menschen mit wenig Geld altern anders als solche mit großen Ressourcen. Man müsse das Alter neu denken, die Potenziale der älteren Menschen entdecken. „Schaut auf die innovativen Kräfte der Älteren“, rief sie. Die Senioren entwickelten nach der Familienphase oft ungeahnte Fertigkeiten und Fähigkeiten, die sie vorher für unmöglich gehalten hatten. „Ich habe mir mit 50 auch nicht vorstellen können, mit 70 noch so viel Lust zu haben, teilzuhaben an der Welt.“ Gleichzeitig sah sie eine Chance in der Krise: Nicht jede Situation, die aus Mangel entstanden sei, müsse schlecht sein. In Krisen arbeiteten die Menschen schöpferischer als in Zeiten, in denen es ihnen gutgeht.
Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion Hans-Ulrich Rühlke zeigte sich genauso begeistert von dem Knittlinger Generationen-Netzwerk wie der Dezernent für Familie, Bildung und Kultur des Enzkreises. Geradezu „elektrisiert“ sei er, meinte Roland Hübner und kündigte an, diese Idee mit Beispielcharakter in einer Bürgermeisterversammlung zu besprechen. Eine ganz ähnliche Einschätzung fand auch Ulf van Luijk, Dekan in Mühlacker.



RITA SÜSSMUTH, ehemalige Familienministerin und Präsidentin des Bundestages, war bei der Knittlinger Projektgruppe Generationen-Netzwerk zu Gast. „Solche Initiativen brauchen wir, um uns Mut zu machen“, lobte die Politikerin. Foto: Waidelich


BNN, 13.02.2008


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