Zahlencode für Uhus
Knittlingen. Naturschützer waren am Sonntag im Knittlinger Sämann-Steinbruch unterwegs. Sie stiegen an einer Steilwand zu einem Uhunest hoch. Die Jungtiere erhielten ein Metallband mit einem Zahlencode ans Bein. Mitinitiator war der Nabu Bretten


Metallbänder mit Zahlencode für Federknäuel
Naturschützer beringen junge Uhus im Knittlinger Steinbruch / Ehrenamtliches Projekt des Nabu Bretten

Kletterpart in der Steilwand

Von unserer Mitarbeiterin Andrea Garhöfer
Knittlingen. Zwei Kletterer in der Steilwand des Knittlinger Sämann-Steinbruchs sorgten am Sonntag bei den dort brütenden Uhus für erhebliche Aufregung. Immerhin räumten die beiden den kompletten Horst leer – allerdings im Dienste des Naturschutzes: die kleinen Uhus wurden beringt und sind damit ab sofort bei einem eventuellen Wiederauffinden genau identifizierbar.
Bei diesem Prozess werden Metallbänder mit einem bestimmten Zahlencode an den Beinen der Jungvögel befestigt. Ernst Weiss und Manfred Wiech vom Nabu Bretten, die das Knittlinger Uhu-Projekt ehrenamtlich betreuen, haben sich dafür Hilfe geholt: Markus Herbst und Frank Schirmann von der Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz übernehmen den Kletterpart in der Steilwand, bei der technischen Ausstattung konnten sie auf die Unterstützung der Höhlenforschergruppe Karlsruhe zurückgreifen.
Zuerst wählen die beiden ehrenamtlichen Naturschützer die Route zum Uhu-Horst sorgfältig aus: dicht daran vorbei, aber auch so, dass Steine, die sich beim Abstieg eventuell lösen, nicht in den Horst fallen und die Jungen verletzen. Dann steigt Frank Schirmann als erster durch die Steilwand ab. Die Uhu-Mutter, die bisher völlig reglos bei ihren Jungen ausgehalten hat, verlässt den Horst, schwebt mit ihrer imposanten Flügelspannweite über den Bruch und landet in der gegenüberliegenden Felswand.
Alle Aufmerksamkeit richtet sich auf den Horst mit den Jungen. Es sind drei und sie sitzen ganz dicht aneinander geschmiegt in der Felsnische. Vom Steinbruchboden aus sichert Frank Schirmann seinen Kollegen. Als Markus Herbst am Horst anlangt, steckt er die Kleinen behutsam in seinen Rucksack und aufwärts geht’s zur Beringung.
Da sitzen sie nun, drei flaumige Federknäule und blicken die Naturschützer aus großen, orangefarben Augen eher empört an. Der größte und kräftigste Jungvogel ist mutig: durch Schnabelklackern und Zischlaute versucht er die Störenfriede zu erschrecken, auch spreizt er schon seine kleinen Flügel, um möglichst „mächtig“ auszusehen. Ein Gehabe, das Manfred Wiech und Markus Herbst nicht wirklich beeindruckt.
Schnell und geschickt befestigen sie die Ringe und die großen, ledrigen Krallenfüße des Miniuhus lassen schon erahnen, dass aus den jetzt noch federflauschigen Jungtieren schon bald geschickte Greifvögel werden. Schnell checkt Markus Herbst noch den körperlichen Zustand der etwa drei Wochen alten Kleinen: alle seien fit und satt, wie eine im Horst zurückgelassene, noch unangetastete tote Ratte schließen lasse. „Der Abendsnack“, sagt Markus Herbst lachend. Per Rucksack wird das Trio wieder zurück in den Horst verfrachtet, dann ist die Aktion beendet.
„Es ging problemlos“, resümiert Herbst. Dabei seien er und Frank Schirmann auch anderes gewöhnt. „Besonders die Wanderfalkenberingung ist immer ein großes Spektakel. Alt- und Jungvögel machen ein riesiges Geschrei und attackieren auch schon mal“, erzählt er. Je nach Bruttätigkeit wickeln Herbst und Schirmann drei bis sechs Beringungsaktion pro Jahr im Enzkreis ab. Nicht nur Wanderfalken, sondern auch andere Felsbrüter wie Uhus oder Kolkraben sind von ihrer vom Regierungspräsidium ausgestellten Lizenz erfasst.
„Die Beringung dieser Arten ist für uns aus Forschungsgründen wichtig. Beim Auffinden der Vögel erfahren wir viel über ihr Brut- und Revierverhalten oder Wanderbewegungen“, sagt Markus Herbst. Im Knittlinger Uhuhorst ist derweil wieder Ruhe eingekehrt: „Bald werden die Kleinen nach ihrer Mutter rufen, die dann zum Horst zurückkommt“, weiß Ernst Weiss. Und in etwa vier Wochen steht für die Minis der erste Ausflug an.



KURZ UND SCHMERZLOS: Der Beinring mit Zahlencode stört den Knittlinger Uhu-Nachwuchs nicht, kann aber wichtige Erkenntnisse über ihr Verhalten liefern. Foto: Garhöfer

BNN, 09.04.2008



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