Widersprüche statt Erkenntnissen


Polizeiaktion gegen "Stallhaus Germania": Verwaltungsgericht vertagt Entscheidung

PZ-redakteur
alexander albrecht

KARLSRUHE. Die Frage, ob die Polizei mit Recht eine Party der rechten Kameradschaft "Stallhaus Germania" aus Lomersheim verhinderte, konnte die neunte Kammer des Verwaltungsgerichts in Karlsruhe gestern nicht beantworten. Statt klarer Erkenntnisse gab es widersprüchliche Aussagen. Die Entscheidung in dem Fall wurde vertagt, da noch weitere Zeugen gehört werden müssen.
Ein Mitglied von "Stallhaus Germania" hatte gegen das Land Baden-Württemberg geklagt. Es geht um Polizeimaßnahmen am 10.Mai 2008 auf dem Freizeitgrundstück "Hälde" in Knittlingen. Wie der Kläger ausführte, hatte "Stallhaus Germania" zum Grillabend geladen. Ein anderes Mitglied hatte mit dem Posaunenchor Knittlingen, Verwalter des Grundstücks, einen Mietvertrag geschlossen.
Im Vorfeld des Grillabends hatte der Kläger ein Telefonat mit einem Polizeibeamten abgebrochen, ohne sich über den Hintergrund des Anrufs aufklären zu lassen. Er habe das Vertrauen in die Polizei verloren, als die Ordnungshüter trotz vorheriger Absprachen in großer Zahl zu seiner Geburtstagsparty im Jahr 2006 gerückt waren. Am 10. Mai 2008 hätten sich gegen 18 Uhr etwa zehn Mitglieder rechten Kameradschaft auf dem Grundstück aufgehalten, als sich zehn Kastenwägen der Polizei und mehrere Zivilfahrzeuge dem Wiesengelände näherten. Mit dabei war der Geschäftsführer des evangelischen Jugendwerks in Württemberg (ejw), dem Eigentümer des Grundstücks. Der verlangte von den "Stallhaus-Germania"-Mitgliedern, das Gelände zu verlassen. Zunächst habe er auf den Mietvertrag verwiesen, berichtete der Kläger. Als ihm die Polizei damit drohte, das Grundstück gewaltsam zu räumen, gab er nach.
Der ejw-Geschäftsführer sagte aus, er sei am 10.Mai 2008 im Laufe des Nachmittags von der Polizei über die Veranstaltung informiert worden. Es sei nach einer Besprechung seine "freie Entscheidung" gewesen, den Grillabend von "Stallhaus Germania" zu untersagen. "Eine solche Veranstaltung ist mit unserem christlichen Menschenbild nicht zu vereinbaren", betonte der ejw-Geschäftsführer. Schnell sei ihm klar geworden, dass ihn die Polizei unterstütze. Allein wäre er nicht nach Knittlingen gefahren, aus Angst, körperlich verletzt zu werden.
Warum er nicht gewusst habe, an wen das Grundstück in der Fauststadt vermietet wurde, wollte die Kammer unter dem Vorsitz von Henning Jaeckel-Leight wissen. Es habe eine mündliche Absprache gegeben, dass nur der Posaunenchor das Gelände nutzen dürfe. Dass es anderweitige Mietverhältnisse gab, sei ihm nicht bekannt gewesen.
Widersprüchliche Aussagen machten die geladenen Polizisten. Der Einsatleiter sprach davon, man habe den Grillabend beobachten und gegebenenfalls strafbare Handlungen verhindern wollen. Sein Assistent, zuständig für die Einsatzplanung, sagte hingegen aus, es sei das erklärte Ziel gewesen, die Veranstaltung zu beenden.



Rechte Kameraden waren dem Grundstückseigentümer in Knittlingen ein Dorn im Auge.

N.N.
Quelle
Verlag     : J. Esslinger GmbH und Co. KG.
Publikation     : PZ Mühlacker
Ausgabe     : Nr.93
Datum     : Freitag, den 23. April 2010
Seite     : Nr.25